Mit dem Jagdhund zur Brauchbarkeitsprüfung
Am Wochenende veranstalteten wir im Revier mit dem Verein Brauchbarer Jagdhund e.V. (VBJ) die jährliche Brauchbarkeitsprüfung. Auf dieser Prüfung sollen Hunde ihre jagdliche Einsatzfähigkeit unter Beweis stellen. Die einzelnen Prüfungsfächer simulieren dabei die Mindestanforderungen, die an einen Jagdhund gestellt werden.
Benötigt wird diese Prüfung als Nachweis für die Jagdhaftpflichtversicherung, damit etwaige Unfälle, die durch den Einsatz des Jagdhundes verursacht werden, abgedeckt sind. Der VBJ prüft auch Hunde ohne Zuchtpapiere, also ungeachtet ihrer Herkunft. Allein die Leistung soll entscheiden, ob der Hund für die Jagdausübung geeignet ist oder nicht.
Die Prüfung umfasst mehrere Fächer, die absolviert werden müssen. Wieviele Fächer das sind, hängt davon ab, ob man die „Volle Brauchbarkeit“ ablegen möchte oder die „Brauchbarkeit auf Schalenwild“. Letztere umfasst nur einen Teil der Prüfungsfächer der „Vollen Brauchbarkeit“, und wird deshalb auch als „eingeschränkte Brauchbarkeit“ bezeichnet. Sie ist für diejenigen Hunde gedacht, die ausschließlich auf der Nachsuche eingesetzt werden. Prüfungsfächer wie „Federwildschleppe“ oder „Verlorensuche einer Ente im deckungsreichen Gewässer“ sind dann nicht notwendig.
Start in den Prüfungstag
Acht Hundeführer aus ganz Bayern weckten an diesem Sonntagmorgen ihre tiefschlafenden und vermutlich völlig ahnungslosen Hunde zu unchristlicher Zeit, um rechtzeitig den Treffpunkt zu erreichen. Ich kann mir bildlich vorstellen, wie sich die jungen Hunde mit einem großen Fragezeichen ins Auto schleppten, um dort zunächst ihren so abrupt unterbrochenen Schlaf fortzusetzen.
Spätestens um 7.30 Uhr war damit aber Schluss. Noch bevor die ersten Kirchgänger den Dorfplatz überquerten, standen die Prüfungsteilnehmer etwas nervös mit ihren jetzt ziemlich wachen Hunden am Sammelplatz vor der Gaststätte Henneberger. Alle waren pünktlich und so fuhren wir in Kolonnenformation Richtung Prüfungsrevier. Dort stand uns als Basislager die geräumige Hütte auf dem Schießstand der Firma Frankonia zur Verfügung. Die Richter und einige Helfer warteten dort schon mit einer Tasse Kaffee und einer Brezel für alle Teilnehmer.
Dann ging es an die Formalitäten: Beim Hundeführer wurde der Jagdschein überprüft, beim Hund der Impfpass kontrolliert und die Chip-Nummer ausgelesen. Nach einigen begrüßenden Worte meinerseits wurden die Prüflinge in zwei Gruppen à 4 Hunden aufgeteilt.
Die Prüfungsfächer
Gleich zu Beginn war das schwierigste Fach dran: die Schweißfährte, eine mit Rehblut getropfte Spur von 400 m Länge, die am Vortag gelegt wurde. Dieser Spur muss der Hund am Riemen folgen. Am Ende liegt dann ein Reh bzw. ein Teil vom Reh. Damit wird die Nachsuche auf verletztes Wild simuliert. Weil eine Nachsuche in der echten Jagdpraxis oft erst am nächsten Morgen möglich ist, bleibt die Spur bis zu 20 Stunden liegen, bevor der Prüfungshund angesetzt wird. Die lange Standzeit macht dieses Prüfungsfach erst richtig anspruchsvoll. Besonders, weil über Nacht Verleitfährten entstehen, nämlich wenn anderes Wild die gelegte Fährte überquert. Der Hund darf also nicht der frischesten Spur folgen, sondern muss sich auf die gelegte Spur von Anfang bis zum Ende konzentrieren.
Sollte der Hund erfolgreich zum Reh gefunden haben, folgt die Anschneideprüfung. Dabei wird der Hund am Stück abgelegt und der Hundeführer und die Richter gehen außer Sicht. Der Hund fühlt sich in diesem Augenblick unbeobachtet. Er muss das Reh aber trotzdem in Ruhe lassen, darf es also nicht anfressen, wegtragen oder sonstwie bearbeiten.
Danach wird die Leinenführigkeit geprüft. Der Hund soll nicht an der Leine ziehen und seinem Führer bereitwillig folgen. Dann das Gleiche ohne Leine: Der Hund soll seinem Führer frei folgen und sich nicht weiter als drei Meter von ihm entfernen. Wir haben das mit allen Hunden gemeinsam gemacht – auf diese Weise kann man auch das Sozialverhalten beurteilen, wenn andere Hunde in unmittelbarer Nähe sind.
Hunde sind auf der Jagd vielen Reizen ausgesetzt. Wem beim Gassigehen schon einmal ein Hase über den Weg geflitzt ist, weiß was ich meine. Um den Hund in solchen Situationen kontrollieren zu können, muss er gehorsam sein. Auf der Prüfung muss der Hundeführer das dadurch beweisen, dass er unerwünschtes Verhalten seines Hundes jederzeit beenden kann.
Das nächste Prüfungsfach simuliert eine Treibjagd. Dazu werden die Hundeführer mit ihren angeleinten Hunden als Schützen an einer Dickung abgestellt. Die Dickung wird nun von mehreren Personen mit lautem Rufen und Klopfen durchgangen. Die Schützen geben nacheinander einen Schrotschuss ab. Die Hunde sollen sich ruhig verhalten, also weder winseln, Laut geben noch in die Leine springen. Hierbei wird auch überprüft, ob der Hund schussfest ist. Schussfest bedeutet, dass sich der Vierbeiner durch den Knall nicht beeindrucken lässt.
Glücklicherweise hatten wir keinen länger andauernden Regen in der Nacht vor der Prüfung. Dann tun sich die Hunde nämlich meist deutlich schwerer mit der Schweißfährte. Wenn starker bzw. ausgiebiger Regen die Spur „verwässert“ wird es geruchlich dünn für die Hundenase. Trotz der guten Vorzeichen fanden zwei Prüflinge im vorgegebenen Zeitfenster von 30 Minuten nicht zum Ende der Fährte. Die übrigen sechs Hunde waren erfolgreich und bestanden die Prüfungsfächer mit Bravour. Nach einer Stärkung mit heißen Käsebeißern (Würstchen) und einem Kipf (Brötchen) überreichte der Prüfungsobmann Anton Fichtlmeier um 13.30 Uhr den erfolgreichen Hundeführern die begehrte Prüfungsurkunde.
Mit der Gewissheit, dass die vielen Übungsstunden nicht umsonst waren, traten die glücklichen Hundeführer ihren Heimweg an … und es dauerte nicht mal bis zum Dorfplatz, bis die erschöpften Fellnasen sich im Auto zusammengerollt wieder ihren Träumen hingaben.