Tief verwurzelt: der Weihnachtsbaum gehört zum Fest
Private Haushalte mit mehr als drei Personen stellen zu 80% einen Weihnachtsbaum auf. In Ein- bis Zweipersonenhaushalten steht in jedem zweiten Wohnzimmer ein Christbaum. Das ist eine Menge Holz. Warum verbinden wir Weihnachten so eng mit einem gewöhnlichen Nadelbaum? Das rührt sicher aus unserer Kindheit her: das gemeinsame Schmücken, der herrliche Waldgeruch, das „O-Tannenbaum-Singen“ und natürlich der Höhepunkt an Heilig Abend: die Geschenke unter dem Baum. Wir können psychologisch gesehen also gar nicht anders, als den Weihnachtsbaum zu lieben.
Daran ändert auch die Sauerei nichts, wenn der Baum an Dreikönig unter massivem Nadelverlust durch die stets zu schmale Tür nach draußen manövriert werden muss, die harzigen Finger kaum mehr sauber zu bekommen sind und gern mal ein Schwall muffiges Wasser aus dem Christbaumständer schwappt. Nein, beim Weihnachtsbaum heißt es bei uns Deutschen: alle Jahre wieder. Und das ist schön so. Wir Deutsche lieben den Wald, deshalb kommt er uns auch gerne in die gute Stube.
Dass der Weihnachtsbaum ins Haus kommt, ist also geklärt, aber welcher? Fichte oder Tanne? Teuer oder günstig? Groß oder klein? Weich oder stechend?
Welchen Weihnachtsbaum soll ich kaufen?
Die gewöhnliche Fichte: erste Wahl für Sparfüchse
Zunächst ein kleiner Exkurs, weil die Unterschiede zwischen Tanne und Fichte vielen Menschen nicht klar sind. Bei der Fichte (Picea abies) hängen die kegelförmigen Zapfen abwärts am Zweig. Sie öffnen sich bei warmem, trockenem Wetter im Winter und lassen so die geflügelten Samenkörner davonfliegen. Die Zapfen fallen dann später als Ganzes ab. Die Nadeln besitzen einen vierkantigen Querschnitt, eine scharfe, stechende Spitze und sind ziemlich gleichmäßig rings um den Zweig verteilt.
Im Gegensatz zur Fichte stehen bei der Tanne die mehr zylindrisch geformten Zapfen aufrecht auf den Zweigen. Sie fallen auch bei der Reife nicht im Ganzen ab, sondern die einzelnen Schuppen und Samenkörner fliegen mit dem Wind davon und die leere Mittelspindel bleibt noch wie ein großer Dorn lange Zeit auf dem Zweig stehen.
Die „Tannenzapfen“, die immer zuhauf am Waldboden liegen, sind also durchweg Fichtenzapfen. Echte Tannenzapfen kann man nur finden, wenn der Wind einmal Zweige mit grünen, noch unreifen Zapfen vom Baum bricht.
Die Nadeln der Tanne sind flach und breit; sie stechen nicht, denn bei genauerem Hinsehen haben sie zwei abgerundete Enden mit einer kleinen Einkerbung dazwischen. Auf der Oberseite sind sie glänzend dunkelgrün, unten tragen sie zwei weiße Wachsstreifen, die zur Verringerung der Wasserverdunstung in Trockenperioden dienen.
Zurück zur Fichte: Sie ist der preiswerteste Weihnachtsbaum, allerdings auch derjenige mit der geringsten Halbwertszeit. Nach nur wenigen Tagen fängt die Fichte in beheizten Räumen bereits das Nadeln an. Die Freude am günstigen Preis hält also meist nicht bis Weihnachten und jede Berührung beschleunigt die Entnadelung, sodass die Geschenke vor dem Auspacken zunächst von den herabgerieselten Nadeln befreit werden müssen. Die Fichte ist übrigens „Baum des Jahres 2017“.
Die stabile Blaufichte: für schweren Baumschmuck und echte Kerzen
Die Blaufichte (Picea pungens) – oft fälschlicherweise als „Edeltanne” bezeichnet – ist der Klassiker unter den Weihnachtsbäumen. Ihr eigentlicher Name ist „Stechfichte“, doch mit dieser Bezeichnung lässt sie sich nicht so gut verkaufen. Sie stammt aus Nordamerika und wird seit 1860 in Europa angebaut. Ihre Nadeln besitzen einen blauen Schimmer, dessen Intensität sowohl vom Typ als auch von der Witterung abhängt. Die Blaufichte verfügt über eine mittlere Haltbarkeit und liegt preislich etwas über der Fichte. Aufgrund ihrer starken, gleichmäßig etagenförmig gewachsenen Äste ist sie besonders für schweren Baumschmuck und für echte Kerzen geeignet. Ihre Nadeln stechen stark, also nichts für zarte Kinderhände. Dafür duftet der Baum herrlich nach Wald.
Die einheimische Weißtanne: der Christbaum mit der längsten Tradition
Die Weißtanne (Abies alba) ist ein uralter europäischer Nadelbaum, um den sich viele Märchen und Mythen ranken. Im Wald hat sie es nicht gerade leicht. Denn sie wächst sehr langsam und ist eine Leibspeise der Rehe: eine sehr ungünstige Kombination. Denn Rehe lieben es, die Knospen abzuknabbern, und deshalb schaffen es viele Weißtannen nicht rechtzeitig, dem „Wild aus dem Äser zu wachsen“. So bezeichnet der Forstmann die Baumhöhe, in der das Reh nicht mehr an den Leittrieb herankommt.
Die Weißtanne besitzt die längste Tradition als Christbaum. Seit dem 16. Jahrhundert ist der weihnachtliche Tannenbaum bei uns ein christliches Symbol der Hoffnung. Doch schon frühe Völker in vorchristlicher Zeit sahen in der Tanne einen Baum von außergewöhnlicher magischer Kraft. Bei den alten Germanen galt die immergrüne Tanne als ein Symbol von Lebenskraft und ständigem Wachstum. Die Tanne war der „Mittwinterbaum“, zur Wintersonnenwende stellten die Germanen einen Tannenbaum auf.
Die Nadeln der Weißtanne halten ebenso lange am Weihnachtsbaum wie die der Nordmanntanne, aber aus oben genannten Gründen sollte man die Weißtanne lieber im Wald lassen.
Die perfekte Nordmanntanne: der Bestseller zum Höchstpreis
Die Nordmanntanne (Abies nordmanniana) wird rein für Weihnachtsbaumzwecke in Dänemark und Norddeutschland auf großen Plantagen angebaut. Sie verfügt über ein längeres und dichteres Nadelkleid mit weichen, glänzend-tiefgrünen, nichtstechenden Nadeln. Gerade weil die Nadeln nicht pieksen, helfen gerne auch die Kinder beim Schmücken. Die Nordmanntanne besitzt eine gleichmäßige Wuchsform und sie hält ihre Nadeln sehr lange – der ideale Baum fürs beheizte Wohnzimmer.
Ihr Name suggeriert zudem, dass sie direkt vom Weihnachtsmann kommt. Dabei geht ihr romantischer Name einfach auf den finnischen Botaniker Alexander von Nordmann zurück, der diese Baumart 1836 im Kaukasus entdeckte. Die Nordmanntanne benötigt 15 Jahre, bis sie Zimmerhöhe erreicht, und ist deshalb der mit Abstand teuerste Weihnachtsbaum, allerdings auch der beliebteste. Gekauft wird hier getreu dem Motto „es ist ja nur einmal Weihnachten“.
Die haltbare Edel-Tanne: für Menschen mit Trennungsschwierigkeiten
Die Edel-Tanne (Abies procera), auch Nobilis-Tanne (Abies nobilis) genannt, stammt aus dem westlichen Nordamerika und wurde erst 1930 nach Europa eingeführt. Sie liegt etwa auf dem gleichen Preisniveau wie die Nordmanntanne, ist aber noch haltbarer. Also ideal für Menschen, die sich nicht so schnell vom Weihnachtsbaum trennen können. Die Edel-Tanne besitzt etagenförmig angeordnete Zweige und weiche, blaugrüne Nadeln, die äußerst intensiv nach Orangen duften. Den Geruch kann man noch verstärken, indem man die am Stamm befindlichen Harztaschen (kleine Beulen) mit einer Nadel aufpiekst.
Die langnadelige Colorado-Tanne: der Exot aus Amerika
Eine andere, sehr dekorative Tannenart wurde aus dem Westen der USA und dem nördlichen Mexiko zu uns gebracht: die Colorado-Tanne (Abies concolor). Wie ihr lateinischer Name schon sagt, sind ihre Nadeln beiderseits gleichfarbig, zumeist bläulich-grau oder grünlich-grau. Außerdem gehören sie zu den längsten Nadeln aller Tannenarten, sie messen bis zu fünf Zentimeter und sind meist bogig wie ein Kamm nach oben gerichtet und zudem sehr breit. Beim Zerreiben duften sie angenehm nach Zitrusfrüchten.
Die filigrane Douglasie: für leichten Baumschmuck
Die Douglasie (Pseudotsuga menziesii) gehört weder zu den Tannen noch zu den Fichten, sondern sie bildet eine eigene Gattung. Sie war vor der Eiszeit auch in Europa heimisch, überlebte aber nur in Nordamerika. Benannt ist sie nach ihrem Entdecker und Beschreiber, David Douglas, einem schottischen Botaniker. Er führte diese Baumart im 18. Jahrhundert wieder nach Europa ein. Die Douglasie wächst schnell und kann mit bis zu 60 m höher werden als unsere einheimischen Baumarten. Sie zählt deshalb heute aus forstlicher Sicht als wichtigste „fremdländische” Baumart.
Die Zapfen sind ziemlich klein und zwischen den einzelnen Deckschuppen spitzen wie kleine Schlangenzungen dreiteilige, schmale Zwischenschuppen heraus. Die Nadeln sind relativ lang und duften intensiv nach Orangenschalen, besonders, wenn man sie etwas zwischen den Fingern zerreibt. Große, violettbraune Winterknospen sind ein weiteres Merkmal der Art.
Wegen ihrer dünnen, biegsamen Zweige ist sie nur für leichten Baumschmuck geeignet. Ihre Haltbarkeit ist in etwa mit der Blaufichte zu vergleichen; preislich ist sie etwas günstiger als diese.
Die harzige Kiefer: nichts für echte Kerzen
Manche Familien ziehen eine Kiefer (Pinus sylvestris) vor: Sie hat schöne Nadeln, einen interessanten Wuchs und ist weniger dicht. Sie lässt sich daher mit mehr Zierrat und Kerzen schmücken. Aufgrund ihres hohen Harzgehaltes duftet sie wunderbar, kann allerdings auch leicht Feuer fangen. Man sollte also besser keine echten Kerzen auf ihr anzünden.
Egal, welchen Baum du wählst, du hast dich richtig entschieden. Denn mit seinem tiefen Grün und seinem harzigen Duft holst du dir nicht nur ein Stück Wald, sondern mit den leuchtenden Kerzen und deinem ganz individuellen Baumschmuck ein Stück eigene Kindheit ins Wohnzimmer.
2 Kommentare
Ich lass dieses Jahr den Baum im Wald und hole mir nur ein paar Äste zum dekorieren. Diese habe ich mir von den Bäumen im Garten abgeschnitten. In einer Vase stecken auch welche und daran hängen Papiersterne – also fast wie am Weihnachtsbaum 🙂
Das ist auch eine gute Idee, besonders wenn man mehrere Stellen in der Wohnung dekorieren möchte. Ein schlechtes Gewissen muss aber auch niemand haben, wenn er sich einen Weihnachtsbaum kauft. Diese werden extra dafür angepflanzt oder fallen bei Durchforstungen im Wald an, müssen also eh entnommen werden. Dem Wald schadet damit also niemand