Wildunfall: was tun?
Der Deutsche Jagdverband (DJV) weist in einer aktuellen Pressemitteilung auf die jahreszeitbedingt steigende Gefahr von Wildunfällen hin. Aber wie kann man einen Wildunfall verhindern? Wie verhält man sich richtig nach einem Wildunfall?
Wann ist mit Wildwechsel zu rechnen?
Zunächst einmal muss der Autofahrer wissen, wann und wo mit Wild zu rechnen ist – wann er also besonders achtsam sein muss. Dabei spielen drei Faktoren eine Rolle: die Jahreszeit, die Tageszeit und der Ort.
1. Die Jahreszeit
Besonders im Frühjahr und Herbst ist mit Wildwechsel zu rechnen. Im Frühjahr sind die Winterreserven aufgebraucht und die Tiere sind auf der Suche nach frischer Nahrung. Die Rehböcke beziehen ihre Territorien und verteilen sich in Wald und Flur. Es wird auch gerne das Streusalz am Straßenrand aufgenommen, was zu einer konkreten Gefährdung führt.
Im Herbst muss das Wild die Energiereserven für den Winter aufbauen und zieht zu den wenigen verbliebenen Äsungsflächen. Die zunehmende Dunkelheit beeinträchtigt die Sicht der Autofahrer, so dass nahendes Wild erst spät zu erkennen ist.
2. Die Tageszeit
Wild legt hauptsächlich in der Morgen- und Abenddämmerung größere Strecken zurück. Abends macht es sich auf den Weg zu den nahrungsreichen Freiflächen, wohin es sich tagsüber nicht traut. Das kann die saftige Wiese am Waldrand sein, oder der Rübenacker hinter der großen Hecke. Wird es morgens langsam hell, zieht das Wild wieder zurück in die schützenden Dickungen. Besonders viele Wildunfälle passieren, wenn die Dämmerung mit dem höchsten Verkehrsaufkommen, dem Geschäftsverkehr, zusammenfällt.
3. Der Ort
Es sind besonders Straßen gefährdet, die durch Waldgebiete oder am Waldrand entlang führen, denn sie trennen den Tageseinstand (den Wald) und die Äsungsflächen (das Feld), zwischen denen das Wild hin- und herwechselt.
Was kann man tun, um Wildunfälle zu vermeiden?
Besonders gefährliche Straßen sind in der Regel mit dem Schild „Vorsicht Wildwechsel“, ein rotes Dreieck mit springendem Reh, gekennzeichnet. Oft sind an den Leitpfosten sogenannte Wildwarnreflektoren angebracht, die meist blau im Scheinwerferlicht reflektieren. Sie sollen das Wild warnen, wenn ein Auto in der Dunkelheit naht. Auf diesen Strecken ist es grundsätzlich sinnvoll, langsam zu fahren. Leider habe ich in meinem Revier eine ganz andere Erfahrung gemacht: Die Autofahrer gehen mit dem Fuß nicht vom Gas, dafür aber mit der Hand auf die Hupe, als hätten sie eine weiße Schleife an der Antenne.
Sieht man die Augen des Wildes am Straßenrand im Scheinwerferlicht reflektieren, dann sollte man als Autofahrer abblenden und versuchen, möglichst schnell abzubremsen. Wildtiere werden durch Fernlicht geblendet und bleiben dann häufig wie angewurzelt stehen, leider auch mitten auf der Straße. Manchmal sucht das Wild am Straßenrand aber auch nur nach Nahrung oder Salz und will gar nicht über die Straße.
Genauso gut können es aber auch mehrere Rehe sein, die die Straße überqueren wollen. Denn ein Reh kommt selten allein. Auch wenn es ein Reh vor dir über die Straße geschafft hat, kommen oft noch weitere hinterher. Das gleiche gilt bei Wildschweinen. Also auf jeden Fall abbremsen und im Schritttempo an der Gefahrenstelle vorbeifahren. Kurz zu hupen kann ebenfalls sinnvoll sein, allerdings weiß man nie, in welche Richtung das Wild vor Schreck abspringt.
Für den Fall, dass ein rechtzeitiges Bremsen nicht mehr möglich ist, solltest du keine abrupten Ausweichmanöver fahren. Zu groß ist die Gefahr, in den Graben, gegen einen Baum oder im schlimmsten Fall in den Gegenverkehr zu krachen. Also Lenkrad festhalten und draufhalten. Das ist leichter gesagt als getan, Reflexe sind schwer zu kontrollieren.
Für welche Tierarten darf gebremst werden?
Meine Meinung ist, dass für alle Tiere gebremst werden sollte. Egal ob Reh, Wildschwein, Igel oder Kröte. Die Versicherungen sehen das aber anders. Wer wegen eines Kleintieres eine Vollbremsung hinlegt und dadurch einen Auffahrunfall verursacht, trägt häufig eine Mitschuld. Für den Gesetzgeber ist das eine Vollbremsung ohne Grund. Noch schlimmer: Wer ausweicht und einen Schaden verursacht, muss diesen oft komplett selbst übernehmen.
Geht man nach der Versicherung, darf ausschließlich für Haarwild gebremst werden. Denn nur dafür bezahlt die Teilkasko den Schaden, der bei einem Zusammenstoß entsteht. Zum Haarwild gehören beispielsweise Wildschwein, Reh, Hirsch, Fuchs oder Hase. Unfälle mit Federwild, wie Ente oder Fasan, sind dagegen nicht bei allen Versicherungen beinhaltet.
Da die letzte Delle vom Einparken gerne einmal einem haarigen Zusammenstoß bei Nacht und Nebel angedichtet wird, verlangen die Versicherungen einen Nachweis des Wildunfalls. Solch eine Bescheinigung kann von der Polizei oder dem zuständigen Jagdpächter ausgestellt werden.
Was tun, wenn es zum Wildunfall gekommen ist?
Ist es zum Zusammenstoß mit einem Wildtier gekommen, sollten folgende Schritte befolgt werden:
- Unfallstelle sichern: Warnblinklicht einschalten, Rettungsweste anziehen, Warndreieck aufstellen
- Tote Tiere von der Fahrbahn ziehen, um Folgeunfälle zu vermeiden. Dabei Schutzhandschuhe tragen.
- Verletzte Tiere nicht anfassen, besonders Wildschweine könnten aggressiv sein. Abstand halten, um die Todesangst des kranken Tieres nicht noch weiter zu erhöhen!
- Ist das Tier nach der Kollision geflüchtet, die Stelle markieren, wo es zuletzt gesehen wurde, damit es der Jäger nachsuchen kann.
- Die Polizei anrufen (oder den Jagdpächter, sofern bekannt) und an der Unfallstelle warten.
Grundsätzlich ist zu beachten, dass das tote (oder noch lebende) Wildtier auf keinen Fall mitgenommen werden darf. Das wäre Wilderei und damit eine Straftat. Wer einfach weiterfährt ohne den Unfall zu melden, macht sich nach dem Tierschutzgesetz strafbar. Das Schlimme ist, dass viele Menschen einen Wildunfall nur melden, wenn sie einen Schaden am Auto haben – sie möchten unbedingt eine Bescheinigung für die Versicherung. Sehen sie jedoch nichts am Auto, fahren sie einfach weiter! Aber schon das leichte Touchieren kann ein Tier so schwer verletzen, dass es einen tagelangen Todeskampf führt!
Was macht die Polizei bzw. der Jäger bei einem Wildunfall?
Die Polizei benachrichtigt bei einem Wildunfall den zuständigen Jagdpächter. Kann sie diesen nicht erreichen oder ist der Unfall an einer stark frequentierten Straße, fährt sie selbst zum Unfallort. Liegt das Tier verletzt an der Unfallstelle, wird es vom Jäger oder der Polizei möglichst schnell von seinem Leiden erlöst.
Ist das kranke Wildtier geflüchtet, muss es aus Tierschutzgründen nachgesucht werden: das bedeutet, dass der Jäger mit seinem Hund der Wildspur folgt, um das schwer verletzte Tier möglichst schnell von seinen Qualen zu erlösen – das ist jedoch oft erst am nächsten Morgen möglich, wenn die Lichtverhältnisse es wieder erlauben. Der Fahrer des beschädigten Fahrzeugs sollte sich – zur Vorlage bei der Versicherung – von der Polizei oder dem Jagdpächter eine Wildunfallbescheinigung ausstellen lassen.
Das tote Wildtier nimmt meistens der Jäger mit, um es zu entsorgen. Er ist dazu aber nicht verpflichtet, denn für die Beseitigung des Kadavers ist grundsätzlich der Straßenbaulastträger zuständig. Wer das ist, richtet sich nach der Kategorie der Straße: bei Bundesstraßen das Straßenbauamt, bei Kreisstraßen das Landratsamt und bei Gemeindestraßen die Gemeinde.